In an effort to get people to look
into each other’s eyes more,
and also to appease the mutes,
the government has decided
to allot each person exactly one hundred
and sixty-seven words, per day.
When the phone rings, I put it to my ear
without saying hello. In the restaurant
I point at chicken noodle soup.
I am adjusting well to the new way.
Late at night, I call my long distance lover,
proudly say I only used fifty-nine today.
I saved the rest for you.
When she doesn’t respond,
I know she’s used up all her words,
so I slowly whisper I love you
thirty-two and a third times.
After that, we just sit on the line
and listen to each other breathe.
Café Shuyu oder An einer alten Brücke
Wolfgang Kubin (顾彬)
Warum sehnen auch wir uns nach dem Alten nur
und schon lang nicht mehr nach dem Neuen?
Warum treten wir so willig zurück in die Zeit,
da alles und nichts vorwärts drängt?
Wir selbst sind kränker nun, doch wir kränken uns weiter nicht.
Wir verstreuen die milden Blüten des Zimtbaums
auf all unseren Wegen. Wir verlieren den herben Schnaps
Tropfen für Tropfen aus Beutel und Netz. Lecken wir ihn
Von der Erde auf? Ja vielleicht, denn der Schnaps sei zu hüten
wie eine Braut. So und nicht anders wird uns gedeutet.
Was also ist wichtiger uns? Der zarte Geruch
des Osmanthus oder der reine Duft gegorener Hirse?
Freud und Leid der Pflanzen spüren wir nimmer.
Die Berge sterben über uns. Wen schert es schon?
Uns schert es immer. Denn der Rest ist unser Pläsier,
ist unser Geschäft. Ach ja, selbst der Rest hat einen Rest:
den Rest vom Rest. Die Alten machen es listig vor.
Sie fahren den Kaiserkanal auf und ab. Ganz ohne Obolus.
Der Tee aus den Bergen dankt es ihnen. So ist er nicht allein.
Sein Lebensabend kann heuer beginnen. Ja, vielleicht
wird auch er einmal von Resten fabulieren, ganz so wie wir.
Schützt ihn, schützt uns der steinerne Löwe zu Füßen der alten Brücke?
Wir sehen über uns nur Schatten vorüberhuschen. Schauen sie
tief unten uns im Licht? Sie, so nachtgeweiht, und wir nur Tagesknecht?
Ja, alles bedarf der festen Form. Der Schnaps, die Kassiablüte,
unser Nachtgesicht. Und doch verlässt ein jedes sich selbst,
um ein anderes zu sein, um ein anderes zu werden.
Als Duft und Dunkel, als Lorbeer und Gesang.
In Hangzhou hat sich an der „Brücke zur Ehre des Kaisers“ (Gongchen Qiao, 1631) ein altes Stadtviertel erhalten. Das Café Shuyu liegt daselbst am Kaiserkanal. Der Baum namens Guihua, der im Herbst blüht, läßt sich im Deutschen wie folgt wiedergeben: Osmanthus, Kassia, Zimtbaum, Lorbeer. Nachtgesicht: Traum, s. „Hiob“ im AT. Nachtgeweiht, Tagesknecht, s. Tristan und Isolde.